Monatshinweise

Persönliche Monatshinweise von Dr. Gerhard Liebig

Was ist im Juli an den Völkern zu tun?

Nach der Sommersonnenwende werden die Tage kürzer. Die Bienenvölker, ob Jung oder Alt, reagieren einheitlich mit dem Schrumpfen des Brutnestes, die stärkeren Altvölker etwas früher als die schwächeren Jungvölker. Von Ende Juli bis Mitte September drosselt die Königin eines Altvolkes ihre durchschnittliche Tageslegeleistung von vorher über 1500 Eiern auf weniger als 500. Wie bekommt die Königin im Stockdunkeln mit, dass die Tage kürzer werden? Woher weiß sie, dass der Winter "demnächst" Einzug hält? Wahrscheinlich ist es eine Entscheidung, die vom Volk als Ganzes getroffen und umgesetzt wird. Bedenkenswert ist, dass keine der Arbeiterinnen im Volk, die an diesen Vorbereitungen beteiligt sind, "Winter" erlebt hat und auch keine von ihnen "Winter" erleben wird.
Winterbienen kommen erst im Herbst zur Welt. Ihre Entstehung gleicht der der Schwarmbienen. Frisch geschlüpfte Bienen sind hungrig. Sie fressen sich mit Bienenbrot und Honig voll, produzieren Futtersaft, werden ihn aber nicht los; denn wie im Mai stößt viel Pflegepotenzial auf wenig Pflegebedarf. Der Futtersaft wird als Fetteiweißpolster im Hinterleib deponiert. Fertig ist die Winterbiene. Wenn eine Biene keine Larven füttert, lebt sie länger, allerdings nur, wenn sie gesund zur Welt kommt und im Puppenstadium von einem Varroabefall verschont bleibt.
Deshalb darf der Varroabefall der Völker während der Aufzucht der Winterbienen (= im Herbst) die Schadensschwelle nicht überschreiten.
Der Varroabefall kann anhand des natürlichen Milbenfalls über "Gemülldiagnosen" beurteilt werden. Das Gemüll von 3-5 Tagen wird mit einer in den Gitterboden eingeschobenen Windel aufgefangen und mit Hilfe einer Kopflupe abgesucht. Die Anzahl der gefundenen Milben dividiert durch die Einlegedauer in Tagen = Milben/Tag.
Der natürliche Milbenfall entsteht hauptsächlich beim Schlupf befallener Brut. Im Herbst liegt die Schadensschwelle mit 10 Milben/Tag deutlich niedriger als im Sommer. Im Sommer sollte er 100 Milben/Tag nicht überschreiten. Dann sind etwa 10 Tausend Milben im Volk.
Die wesentlich niedrigere Varroatoleranz der Völker im Herbst macht deutlich, worauf bei den notwendigen Behandlungen im Spätsommer zu achten ist: Es kommt es nicht darauf an, wie viele Milben fallen, sondern wie viele Milben im Volk verbleiben und sich dort weiter vermehren. Aus "5 Milben/Tag" Ende August können "20 Milben/Tag" im November werden und die Schadensschwelle im Herbst wäre deutlich überschritten.
Meine Varroabehandlungen sind in die Spätsommer- und Herbstpflege integriert. Bei den Altvölkern stehen zwei bewährte Konzepte zur Auswahl. Mit dem einem Konzept, "Teilen und behandeln", beginnt man Ende Juli nach der Sommerhonigernte. Das andere Konzept, die "Spätsommerpflege in vier Schritten", startet erst gegen Ende August. Das "Teilen und behandeln" folgt einem genauen Terminplan. Für jedes Volk werden ein zweiter Gitterboden und eine zweite Abdeckung (Innendeckel, Blechhaube) benötigt.
Am Tag x wird das Volk in einen weiselrichtigen Flugling und ein weiselloses "Brutvolk" geteilt. Der Flugling wird am Tag x+2 behandelt, am Tag x+21 das dann brutfreie und eingeengte "Brutvolk". Wenig später macht seine Nachschaffungskönigin ihren Hochzeitsflug. Nach der Auffütterung werden die beiden Volksteile durch einfaches Aufeinandersetzen wiedervereinigt.
Bei der Teilung wird das Volk zuerst zerlegt. Der Honigraum wird abgehoben und zur Seite gestellt. Die obere Brutraumzarge wird auf einer umgedrehten Blechhaube "geparkt", die untere Brutraumzarge auf einen neuen Gitterboden gesetzt. Der Honigraum findet auf dem alten Gitterboden Platz. Dort entsteht der Flugling.
Dann wird nach der Königin gesucht. In der Regel befindet sie sich in der oberen Brutraumzarge. Sie kommt mit ein paar Begleitbienen in einen mit Futterteig verschlossenen Käfig. Der Käfig wird auf eine besetzte Wabengasse des Honigraumes gelegt. Anschließend wird das "Brutvolk" wieder zusammengesetzt und zum Abfliegen auf den Flugling gestellt. Sein eingeengtes Flugloch zeigt in die gleiche Richtung wie das des Fluglings.
Etwa zwei Drittel der Bienen des geteilten Volkes landen im Flugling, in dem es 1-2 Tage dauert, bis die aus ihrem Käfig frei gefressene Königin auf den hellen Waben des ursprünglichen Honigraumes mit der Eiablage beginnt. Zwei Tage nach der Teilung kann der Flugling mit Milch- oder Oxalsäure gegen die Varroamilbe behandelt werden. Das Beträufeln wirkt (im Sommer) deutlich schlechter als das Besprühen. Deshalb bevorzuge ich die Sprühbehandlung.
Das "Brutvolk" bleibt bis zur Wiedervereinigung auf dem Flugling stehen und wird, wenn seine Behandlung und seine Fütterung anstehen, vorher abgehoben und nachher wiederaufgesetzt.
Zum "Teilen und behandeln" gehört auch die Gemülldiagnose vor und nach einer Behandlung.



Diese Seite enthält die Monatshinweise mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Dr. Gerhard Liebig persönlich. Vielen Dank!